Veldenz, 15.-18.06.2017

Es ist Donnerstagmorgen, 9:15 Uhr. Drei Autos stehen voll beladen bis unter’s Dach auf dem Parkplatz an der Sporthalle der Pastor-Jacobs-Grundschule in Meerbusch-Lank. Mitglieder der Jiu-Jitsu-Abteilung stehen neben den Autos und besprechen die letzten Details für die etwa zweistündige Fahrt nach Veldenz. Kurz danach steigen die Jiukas in die Autos und machen sich auf den Weg an die Mosel.

Mit drei Autos reisten wir zum alljährlich stattfindenden Budo-Trainings-Camp auf Schloss Veldenz an. Mit dabei, neben Gi, Obi, Bokken und Tambo, auch Schlafsäcke, Zelte, Grill-Equipment und Grillfleisch sowie der ein oder andere Kasten Bier. Das sommerliche Wetter und der bevorstehende Lehrgang trugen ihren Teil zur guten Laune bei. Eigentlich wie in fast jedem Jahr. Aber dennoch sollte Veldenz 2017 etwas Besonderes werden, denn im Rahmen dieses Lehrgangs gaben unsere Trainer, Greta, Thomas und Christian, ihr Debut als Referenten für den DFJJ NW e.V. Greta, Thomas und Christian stehen zwar schon lange als Trainer für die Jiu-Jitsu-Abteilung des TSV Meerbusch e.V. auf der Tatami, allerdings hat bisher noch keiner von ihnen als Referent auf einem offiziellen DFJJ-Lehrgang unterrichtet. Das sollte sich nun ändern.

Pünktlich um 12:00 Uhr eröffneten der Geschäftsführer des DFJJ, Manfred Thull, der 1. Vorsitzende, Dr. Heinz Schorn und der Lehrwart, Thomas Allenstein, das Budo-Trainings-Camp 2017 im Rittersaal des Schlosses. Kurz danach stand für uns, insgesamt 33 TeilnehmerInnen, bereits die erste Trainingseinheit auf dem Plan: Jiu-Jitsu SV mit Dr. Heinz Schorn. Heinz startete zunächst mit ein paar vorbereitenden Techniken und Bewegungsübungen, die wichtig für die von ihm entwickelte Kata waren, die wir im Anschluss gemeinsam einübten. Heinz Kata enthielt Elemente aus dem Jiu-Jitsu und dem Karate aber auch aus dem chinesischen Qi Gong und Tai Chi. Das Laufen dieser Kata brachte uns angesichts der Temperaturen von ca. 28°C mächtig ins Schwitzen. Danach gingen wir über zu den Selbstverteidigungstechniken (SV), wo Heinz uns einige Hebel- und Kombinationstechniken zeigte.

Im Anschluss an Heinz Einheit hatten wir nur einen kurzen Moment zum Verschnaufen, denn Adam Kraska von der Jiu Jitsu Gemeinschaft  Düsseldorf e.V. stand bereits in den Startlöchern. Adam widmete sich dem Thema der langen Kombinationen. Dabei stand aber nicht im Vordergrund – wie eigentlich üblich bei langen Kombinationen – einfach mindestens sechs Techniken an einander zu reihen, er ging vielmehr auf die Ideen und Hintergründe ein, warum welche Techniken, in eine Reihenfolge gebracht, sinnvoll sind und welchen Zweck diese haben bzw. welches Ziel der/die Jiuka damit verfolgt. Im Anschluss an seine Einheit hielt Adam dann noch im Rittersaal einen spannenden Vortrag über die historische und politische Entwicklung Japans, beginnend im dritten Jahrhundert nach Christus, und die Wurzeln des Jiu-Jitsu.

Abgerundet wurde der Tag dann, wie üblich in Veldenz, mit einem gemeinsamen Grillen und der ein oder anderen Flasche Bier. Am Lagerfeuer hatten wir dann ausreichend Zeit, uns in geselliger Runde zu den unterschiedlichsten Themen auszutauschen und Anekdoten aus der Welt des Budo-Sports zum Besten zu geben.

Der Freitag wurde eröffnet von Markus Speckamp, vom Tōgyo Dojo in Ratingen. Im Fokus dieser Trainingseinheit stand der Tambō, ein etwa 60 cm langer, im besten Fall achteckiger Stock. Der Tambō war im feudalen Japan unter anderem die Waffe von Polizisten oder okinawanischen Bauern und diente als Ersatz für das Schwert. Markus demonstrierte eindrucksvoll die Effektivität dieser Waffe und forderte uns durch die ungewohnte Handhabung des Prügels. Schnell lernten wir den Unterschied zwischen der flacheren Seite des achteckigen Stocks und den Kanten kennen: Die flache Seite war definitiv Spaß, während die Kanten schmerzlich Ernst bedeuteten. Trotz des ein oder anderen schmerzverzerrten Gesichts hatten wir alle viel Spaß im Umgang mit dem Tambō.

Nach einer kurzen Pause startete Thomas Allenstein vom Bojutsu e.V. Bochum unter dem Motto: „Sensibilisierung in der Natur“. Nachdem wir uns im Burghof aufgestellt hatten, wurden uns die Augen verbunden und ein langes Seil wurde uns in die Hand gedrückt. Anhand von akustischen Signalen musste die am Seil geführte Karawane nun aus der Burg hinaus in die Wälder von Veldenz navigieren. Nur unser Gehör und unser Tastsinn standen uns noch zur Verfügung, und ihre Sensibilität wurde von Schritt zu Schritt besser. Am Schluss unseres Blindfluges mussten wir dann noch einzeln einen kleinen Abhang erklimmen, indem wir uns an einem weiteren Seil entlang hangelten. Für uns alle war es eine tolle Erfahrung.

Im Anschluss, nach der Mittagspause, versammelten wir uns dann alle wieder für die letzte Einheit des Tages, die berühmt berüchtigte Geländewanderung. Sie sollte allerdings dieses Jahr wieder human ausfallen und stand unter dem Motto: „Kenne Deine Stadt“. Wir teilten uns in zwei Gruppen auf und wanderten mit einem Fragebogen bewaffnet ins etwa anderthalb Kilometer entfernte Veldenz, wo es den Fragebogen zu beantworten galt. Zur Beantwortung von Fragen wie: „Wie viel kosten drei Brezeln beim Bäcker?“, „Was befindet sich unter der Raiffeisenstraße Nummer 5?“ oder „Wer sind die Ansprechpartner der freiwilligen Feuerwehr?“, wanderten wir durch Veldenz und befragten fleißig seine Bewohner. Nach maximal 90 Minuten ging es dann wieder an den Aufstieg zur Burg zur Abgabe der Fragebögen.

Der Samstag stand im Zeichen des Sports, denn insgesamt vier Trainingseinheiten von Qi Gong über SV mit verbundenen Augen und Ken-Jitsu bis hin zu langen Kombinationen standen auf dem Programm. Claudia von Limpinski begann den Tag mit einer Runde Qi Gong. Dabei referierte sie zunächst ein wenig über die chinesische Philosophie der fünf Elemente, um die Theorie dann in Form einer kurzen Kata in Bewegung umzusetzen. Das hohe Maß an Konzentration verlangte uns teilweise einiges ab, half uns aber auch dabei, den Kopf „mal frei zu bekommen“.

Anschließend forderte Stephan Keldungs von der Jiu Jitsu Gemeinschaft Düsseldorf uns dann mit der Selbstverteidigung mit verbundenen Augen. Er zeigte uns Verteidigungstechniken auf unterschiedliche Halteangriffe. Die verbundenen Augen sorgten anfänglich für ein paar Schwierigkeiten bei der Orientierung, wir hatten uns aber dann doch recht schnell daran gewöhnt.

Nach der Mittagspause nahmen Achim und Jan Vennemann vom Togyō Dojo dann das Training wieder auf. Mit einer recht schwierigen Bewegungsform stellten Jan und Achim unseren Umgang mit dem Bokken im Ken-Jitsu auf die Probe. Bei den beiden sieht das immer so einfach aus, bis man dann selber ran muss… Da das Üben mit dem Bokken oder dem Iai-to aber immer zu den Highlights von Veldenz zählt, hatten wir alle großen Spaß unter der Anleitung von Jan, der seine Aufgabe als Referent, stellvertretend für seinen Vater, sehr gut gemacht hat.

Den sportlichen Abschluss bildeten dann Greta, Thomas und Christian vom TSV Meerbusch. Für ihr Referenten-Debut beim DFJJ hatten sie sich etwas Besonderes ausgedacht. Anstatt uns mit einfachen langen Kombinationen ins Schwitzen zu bringen, hatten die drei eine einzige lange 3-Mann-Kombination entwickelt, die eher an eine Kata als an eine klassische Kombination erinnerte. In insgesamt drei Abschnitten wurden uns 60 auf einander folgende Techniken präsentiert, die es zu behalten und umzusetzen galt. Das brachte nicht nur die Gis sondern auch die Köpfe zum Qualmen. Allerdings hielten alle durch und gaben nicht auf, bis nicht jeder mindestens einmal alle drei Teile komplett und ohne Unterbrechung gelaufen war.

Nach dieser anstrengenden letzten Einheit hatten wir uns die anstehende Weinprobe redlich verdient. Das international ausgezeichnete Veldenzer Weingut BAUER präsentierte sich und seine Weine im Rittersaal des Schlosses. Mit Hintergründen zu den edlen Tropfen probierten wir uns durch die unterschiedlichen Weine, von trocken über feinherb bis hin zur Spätlese. Ein einmaliger Genuss! Da war es nicht verwunderlich, dass wir fast alle im Anschluss an die Probe unsere Bestellungen aufgegeben haben und uns nun auf die Post aus Veldenz freuen.

Die Weinprobe leitete dann auch die Lehrgangsparty ein, in dessen Rahmen sowohl die Gewinner des mehr oder weniger spontan ausgerufenen Fotowettbewerbs als auch die Gewinner der „Kenne Deine Stadt“-Herausforderung gekrönt wurden. Den Fotowettbewerb unter dem Motto „Veldenz Budoka“ gewannen Stephan Keldungs und Andreas Humbert aus Düsseldorf mit einem fast kitschigen aber sehr eindrucksvollen Bild. Die Wanderung gewann der Zusammenschluss aus Meerbusch, Schmallenberg und dem Rhein-Sieg-Kreis.

Der letzte Veldenz-Tag wurde traditionell von Achim und Jan mit einer Einheit Iai-do begonnen und abgeschlossen. Hier hatten wir noch einmal die Gelegenheit, die Techniken aus dem Ken-Jitsu vom Vortag zu vertiefen.

Danach hieß es dann nur noch aufräumen, zusammenpacken und Autos beladen um abschließend in der Lehrgangskritik das gelungene Budo-Trainings-Camp Veldenz 2017 noch einmal Revue passieren zu lassen und die Vorfreude auf das nächste Jahr zu schüren. Wir danken allen Teilnehmern, Referenten und Organisatoren für ein tolles Veldenz 2017 – wir freuen uns schon riesig auf’s nächste Jahr!